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Zwischen Arbeits-Stress und Hochschul-Koller

Wer viel leistet, braucht auch viel Entspannung: Um einem (zu) hohen Stresspegel und der Gefahr eines Burnouts vorzubeugen ist es wichtig, sich mit dem Thema „Work-Life-Balance“ auseinanderzusetzen. Zeitmanagement, Sport und Coaching können dabei unterstützen.
Veröffentlicht am 27.12.2020

Die durchschnittliche berufliche Tätigkeit verlangt einem schon einiges ab: Es sind regelmäßig bestimmte Ziele zu erreichen – individuell und im Team bzw. laut Unternehmensvorgabe –, es sind Termine einzuhalten, und oft sind mehrere Projekte parallel im Auge zu behalten. Da kann man sich schon einmal fremdgesteuert fühlen. Und ähnlich geht es wohl auch der einen oder dem anderen Studierenden: Ständig wird einem etwas Neues abverlangt. Und oft kommt nach Ende einer Aufgabe gar nicht zum Durchatmen, sondern steckt gleich wieder bis zum Hals in der nächsten Verantwortung.

Das Privat- bzw. Familienleben mit all seinen Anforderungen ist dabei noch gar nicht mit in die Kalkulation einbezogen: Auch dafür braucht es Zeit und Energie. Der Spagat zwischen all diesen Anforderungen fällt vielen Menschen zunehmend schwer. Und damit steigt die Gefahr eines Burnouts – des totalen individuellen Zusammenbruchs.

Hört die (körperlichen) Signale

Die „Work-Life-Balance“, von der immer wieder die Rede ist, hat sich bereits seit Jahren in unserem täglichen Sprachgebrauch etabliert. Sie ist aber mitunter auch zum reinen Schlagwort verkommen. Dieses hält man zwar im Unternehmen hoch; seine Umsetzung – also die Vereinbarkeit von beruflichen und persönlichen Interessen (die auch eher selten deckungsgleich sind) – hinkt aber nur allzu oft den Ansprüchen hinterher. Und so bleibt vielen Menschen einfach zu wenig Zeit für Partnerschaft, Kinder und Hobbys.

Alarmzeichen, mit denen sich ein drohendes Burnout-Syndrom ankündigt, sind z.B. anhaltende Schlafstörungen, zunehmende Stimmungsschwankungen und ein Gefühl der Verzweiflung. Betroffene fühlen sich schwach – körperlich, aber auch emotional –, die Gedanken kreisen um (berufliche) Probleme, sie spüren eine innere Leere. Mit der Zeit kann die übliche Leistung im Beruf nicht mehr erbracht, kann kein zufriedenstellendes Privatleben mehr geführt werden. Am Ende steht eine Art von „Blockade“ – man ist tatsächlich nicht mehr fähig, seine Arbeit zu tun –, aus der man nur mit medizinischer Hilfe wieder heraus kommt. Wobei die Erholung von einem Burnout sehr langwierig sein kann und oft einer begleitenden, professionellen Unterstützung durch Coaching und/oder Psychotherapie bedarf.

Die Bedeutung der Work-Life-Balance 

Die Burnout-Prävention sieht einige Möglichkeiten vor und sollte früh genug ins Arbeits- und Studierendenleben eingebaut werden. Auch wenn die Covid-19-Krise ab Anfang 2020 ganz andere Voraussetzungen schaffte, kann es unter normalen Voraussetzungen zur Entlastung beitragen, wenn man einen Teil seiner Arbeit im Homeoffice erledigen kann. Damit verbunden kann gleich eine Umverteilung der betrieblichen Aufgaben im Team angedacht werden.

Kommunikation ist in jedem Fall ein Schlüssel zur Verbesserung der persönlichen Stress-Lage. Um auch selbst einer völligen Überlastung vorbeugen zu können, sollte natürlich auch das Privatleben einer Analyse unterzogen werden. Es ist nicht immer leicht, jene Denkmuster auszumachen, die den Stresspegel nach oben treiben. Für einen langfristigen Ausgleich zwischen Stress- und Entspannungsphasen ist der regelmäßige Abgleich der (aktuellen) Leistungsfähigkeit mit den (anhaltenden) Anforderungen im Job bedeutend. Schadet ein Beruf der Gesundheit, sollte ein Wechsel der Tätigkeit ernsthaft überlegt werden. Dasselbe gilt für ein Studium: Wenn man erkennt, dass die Wahl der Fächer wider Erwarten nicht die erhoffte Zufriedenheit bringt, dann sollte man sich neu orientieren. „Scheitern“ muss in diesem Sinne als Chance und darf auf keinen Fall als Schande begriffen werden.

Den eigenen Zeitplan optimieren

Wer Stress hat, der hat oft vor allem auch ein Zeitproblem. Dabei gibt es viele, teils lange bekannte Methoden, um sein Zeitmanagement relativ rasch zu optimieren. So zum Beispiel die „80-zu-20-Regel“, auch bekannt als Pareto-Prinzip: Dieses besagt, dass man im Alltag für 80 Prozent seiner Ergebnisse nur 20 Prozent der Zeit bzw. des Aufwands benötigt. Wohingegen die restlichen 20 Prozent der Ergebnisse extrem aufwändig sind und bis zu 80 Prozent des Einsatzes erfordern. Natürlich sind diese Zahlen nicht in Stein gemeißelt – vielleicht sind es in manchen Bereichen Verhältnisse von nur 60 zu 40, in anderen aber vielleicht sogar von 90 zu zehn. Fakt ist, dass „Zeitfresser“ ausfindig gemacht und diese, falls die damit verbundenen Ergebnisse nicht absolut essentiell sind, möglichst gestrichen werden sollten.

Das Eisenhower-Prinzip setzt ebenfalls darauf, dass bestimmte Aufgaben gestrichen werden, deren Erledigung eigentlich keinen Mehrwert bringt. Andere Aufgaben wiederum sollen möglichst delegiert werden, um sich selbst für die wirklich wichtigen Dinge freizuspielen. Dem zugrunde liegt eine Kategorisierung der Aufgaben in „wichtig & dringend“, „wichtig, aber nicht dringend“, „unwichtig, aber dringend“ sowie „unwichtig und nicht dringend“. Letzteres fliegt sofort raus und sollte künftig gar nicht mehr auf einer Aufgabenliste landen. Kategorie eins („wichtig & dringend“) wird umgehend erledigt, gefolgt von Kategorie zwei („wichtig, aber nicht dringend“). Kategorie drei („unwichtig, aber dringend“) ist vielleicht für andere Teammitglieder oder Kunden von Bedeutung und wird nicht gestrichen, sondern delegiert. Sei es an weniger ausgelastete Kollegen oder auch an eine externe Stelle.

Hinter dem Zeitmanagement-Prinzip „Eat the frog“ versteckt sich die Empfehlung, dass besonders unangenehme, vielleicht sogar schon lange aufgeschobene Aufgaben zuerst erledigt werden. Zumindest, wenn sie eine Relevanz für das eigene Business bzw. den Studienfortgang haben. Dazu verschafft man sich am besten gleich zu Beginn des Arbeitstages einen Überblick darüber, was zu tun ist. Und erledigt eben die nervigen Dinge zuerst: Dadurch entsteht ein Erfolgserlebnis, das für den restlichen Tag – der mit angenehmeren Arbeiten verbracht wird – Antrieb gibt und Motivation schafft.

Regelmäßig Entspannung finden

Damit die Abgrenzung zwischen Beruf und Privat leichter fällt – insbesondere, wenn man im Homeoffice werkt – hilft schon die Berücksichtigung von einigen unkomplizierten Regeln. So unterstreichen Sakko und Hemd auch in der Zoom-Videokonferenz die eigene Professionalität. Natürlich könnte man unterhalb des gefilmten Bereichs lässig in Jogging- oder sogar Pyjama-Hose gegen das „System“ rebellieren. Aber dazu sollte man sich nicht einmal dann hinreißen lassen, wenn die Videoschaltung nur dem Austausch mit Team-Kollegen dient.

Nach der Arbeit ist vor der Arbeit, weshalb die Gestaltung des Feierabends für die Gesamt-Performance in Studium und Arbeit nicht zu unterschätzen ist: Damit ist nicht gemeint, sich regelmäßig sein Feierabend-Bier reinzustellen. Substanzen jeglicher Art – und so auch der Alkohol – sollten überhaupt nicht, oder nur sehr spärlich als „Downer“ eingesetzt werden.

Was vielen Menschen während Hochstress-Phasen als „Dampf-Ablasser“ fehlt, weil sie vor lauter Arbeit einfach keine Zeit dafür finden, sind Bewegung und Sport. Spaziergänge, auch wenn sie nur eine Viertelstunde dauern, können im Rahmen des Arbeitswegs, aber auch in der Mittagspause eingeplant werden. Und nach der Arbeit kann man bewusst eine Yoga-Session, ein paar Kilometer auf dem Hometrainer oder – vielleicht sogar zusammen mit Partner und Familie – eine Gymnastik-Einheit im Wohnzimmer einschieben.

Es geht in diesem Zusammenhang wie überall sonst um Planung: Insofern können diese wichtigen und nur auf den ersten Blick nicht beruflich relevanten Termine selbstbewusst in den Kalender eingetragen und mit Erinnerungen versehen werden. Damit entsteht eine gewisse Verbindlichkeit und es wird mitunter leichter, sich aus dem Büro loszureißen, um Sport und Bewegung (wieder) in sein Leben zu bringen.

Notfalls Hilfe in Anspruch nehmen
Stellt man allerdings fest, dass sich mittelfristig nichts an dem empfundenen Stress ändert, oder man abfedernde Maßnahmen tatsächlich nicht in seinen Alltag integrieren kann, dann gilt es jedenfalls Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das kann ein längst überfälliges Gespräch mit Vorgesetzen sein. Oder auch, falls das nichts nützt, der Besuch beim Hausarzt, um über das drohende physische und psychische Überlastungsszenario zu reden. Im Weiteren können vorerst einige Coaching-Termine Abhilfe schaffen. Möglicherweise ist auch psychotherapeutische Beratung angesagt – etwa, wenn tieferliegende Probleme es verhindern, dass man sich selbst im Berufsleben abgrenzt, und deshalb mit Arbeit „zugeschüttet“ wird.

 

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